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Junge Perspektive
Im Gespräch
Montag, 7. November 2022

„Was ich im Glauben lerne, das prägt mich“

Mehrere Videoschnittprojekte in der Woche, dazu noch das Management eines Social-Media-Accounts und nebenbei auch noch die Schule. Die Wochen von Joel Heil-Escobar sind immer gut gefüllt. Der 17-jährige Schüler aus Gensungen (Hessen) geht in Fritzlar auf die Ursulinenschule und hat nebenbei immer was zu tun. Wie voll seine Tage sind und wie er dabei noch seinen Glauben integriert, das hat er Jakob Köhler erzählt.

Jakob Köhler

Was hast du neben der Schule sonst noch
für Aktivitäten?

Joel Heil-Escobar

Neben dem Unterricht und der Zeit zum Lernen bin ich in mehreren Projekten im Schnitt von Videos und Podcasts tätig; außerdem programmiere ich Apps. In der Coronazeit hat sich das Hobby schnell zum Beruf entwickelt; denn die Nachfrage vor allem für Videoschnitte ist sehr schnell gestiegen. Es macht mir auch Spaß und ich habe mehr Flexibilität als in einem normalen Schülerjob, etwa im Gastronomiebereich oder Einzelhandel.

Jakob Köhler

Wie gut bekommst du den Job mit den Aufgaben der Schule vereint? Immerhin willst du nächstes Jahr dein Abitur machen.

Joel Heil-Escobar

Aktuell sind es im Prinzip zwei feste Jobs: Ich habe mein festgelegtes Kontingent von sieben Stunden für ein Startup, für das ich Videos und Podcasts schneide; außerdem nochmal ca. fünf Stunden für den Social-Media-Account eines Möbelhauses. Den Rest mache ich flexibel auf Freelancerbasis, so wie es gerade die Schule, Klausuren und Hobbies zulassen. Wichtig ist es aber, dass ich mir den Tag nicht bis 24 Stunden zuknalle, sondern mir am Vortag bzw. meistens schon am Montag vornehme, welche Aufgabe ich an welchem Tag machen werde.

Jakob Köhler

Und wie sieht es aus, wenn sich Projekte überschneiden und/oder gerade eine Prüfung ansteht?

Joel Heil-Escobar

Dann muss man es ganz transparent schreiben und klar sagen, dass man aktuell nicht so viele Kapazitäten frei hat. Die meisten sind dann sehr tolerant, wenn man sagt, bis wann die Aufgaben fertig sein werden. Und seien wir mal ehrlich: Man lernt auch vor Prüfungen keine 8 Stunden am Tag. Wichtig ist es aber, den Überblick zu behalten und die Aufgaben schon mal so abzuarbeiten oder vorzubereiten, dass man in Wochen mit vielen Prüfungen nicht mehr so viel zu tun hat. Manchmal bricht aber auch der Himmel über einem ein. Dann muss man trotzdem in den sauren Apfel beißen und eine Extraschicht einlegen.

Jakob Köhler

Welche Rolle spielt der Glaube in deinem Leben und wo hast du die meisten Berührungspunkte mit ihm?

Joel Heil-Escobar

Ich würde mich nicht als radikalen Katholiken bezeichnen. Ich bin in vielen Ansichten deutlich liberaler angehaucht, als es die Kirche ist. Trotzdem ist der Glauben ein wichtiger Teil meines Lebens. Besonders in Gemeinschaft mit anderen Jugendlichen macht es Spaß. Veranstaltungen wie Praise im Park, die Pfingstjugendkonferenz oder auch Konzerte von religiösen Musikern geben in Kombination mit tollen Predigten und geistlichem Input einige Male im Jahr einen Schub in meinem Glauben.

Ich bin nicht der Meinung, dass es unbedingt wichtig ist, ein oder mehrmals die Woche in eine barocke Kirche zu gehen, um Glauben zu leben. Auf Reisen habe ich auch Gemeinden kennengelernt, die Gottesdienst mit Spaß und wirklicher Überzeugung gemacht haben. Da waren Bands, die gespielt haben, statt einer Orgel und Predigten, mit Geschichten, die von Herzen kamen, statt „the same procedure as every year“.

Jakob Köhler

Wie integrierst du deinen Glauben und deine Vorstellung von Glaubensleben in deinen vollgepackten Tag?

Joel Heil-Escobar

Mein Glauben lebt vor allem aus Gemeinschaft und religiösen Events, die mir durch die Intensität immer einen langen „Schub“ geben. Meistens bete ich eine Runde abends und lasse den Tag Revue passieren. Das hilft mir mit vielen Herausforderungen und Problemen im Job und auch im persönlichen Umfeld fertig zu werden. Außerdem gehe ich so nochmal ausführlicher in die Selbstreflexion, die häufig im Alltag untergeht.

Jakob Köhler

Denkst du, dass dich dein Glaube bei deinen vielfältigen Tätigkeiten in irgendeiner Weise beeinflusst?

Joel Heil-Escobar

Ich bete zum Beispiel zu Gott, dass die Klausuren gut ausfallen. (Lacht) Jetzt aber mal ernsthaft… Das, was ich bei den angesprochenen Events lerne, Zugehen auf Leute und die unkomplizierte Kommunikation, das prägt mich. Es ist auch die Herangehensweise an Probleme oder Herausforderungen, geprägt von dem Wissen um eine Kraft, die man immer und überall dabeihat, die für dich da ist; das beeinflusst mich in meinem Alltag. Es ist also nicht unbedingt die aktivste Tätigkeit in meinem Alltag, aber eine wichtige, um Kraft zu schöpfen.