Das bringt reiche Frucht
Kennen Sie Sargenzell oder waren Sie vielleicht schon einmal dort? Wenn nicht, dann haben Sie etwas verpasst. Sargenzell ist ein Ortsteil der osthessischen Kleinstadt Hünfeld. Das Dorf zählt nur etwa 600 Einwohner, wird aber jedes Jahr von mehreren zehntausend Menschen besucht. Was führt die Menschen dorthin? Ein beeindruckendes Kunstwerk und ein großartiges Beispiel für ehrenamtliches Engagement, ein großes Bild aus Früchten.
Seit 1988 entsteht jährlich zum Erntedankfest aus Früchten, Samenkörnern und gemahlenen Blumen- und Blütenblättern ein beeindruckender Früchteteppich (4,5×6 m) mit jeweils wechselnden Motiven.
Von Juli bis Mitte September legt eine Künstlerin zusammen mit vielen Helfern und Mitgliedern des Fördervereins das Kunstwerk. Damit schaffen sie nicht nur ein überregional bekanntes Ereignis. Sondern reihen sich jedes Jahr ein in eine lange Geschichte religiösen Lebens.Eine erste Kapelle ist an dieser Stelle seit 1747 bezeugt. Der heute kleine Kirchbau stammt aus den ausgehenden 50er Jahren des 19. Jahrhunderts und wurde am 23.10.1862 eingeweiht. Mehr als 120 Jahre wurden hier Gottesdienste gefeiert. Im Jahr 1984 war dann Schluss. Sargenzell bekam eine neue Kirche. Was aber tun mit der alten Kapelle?
Eine erste Ausstellung fand in der alten Kapelle im Jahr 1987 statt, veranstaltet durch die Hünfelder Krippenfreunde e.V. In der gleichen Zeit aber droht der Abriss des Gebäudes. Im Januar ging das Eigentumsrecht auf die Stadt Hünfeld über, die den Abriss plante. Das wollten viele Menschen in Sargenzell nicht hinnehmen. Sie machten es sich zur Aufgabe, das Gebäude zu erhalten, zu renovieren und mit Leben zu füllen.
Der Abriss konnte so abgewendet werden, und die Kapelle bekam einen neuen Zweck, als im Oktober 1988 der 1. Früchteteppich gelegt wird. Thema war damals „Jesus Christus und das Weltall“. Im Dezember 1989 kommt es dann zur Gründung des „Fördervereins der Alten Kirche e. V.“
Der Früchteteppich hat Erfolg. Von da an gibt es jedes Jahr ein neues Kunstwerk. Und das zieht viele Besucher in die Alte Kiche Sargenzell. Am 22.10. 1995 kann der 100.000 Besucher begrüßt werden. 1998 schafft es die kleine Kapelle es sogar ins Guinessbuch der Rekorde. Das Konzept wird immer bekannter, die Besucherzahlen steigen. Am 26. September 2013 wird der symbolische 1.000.000 Besucher der Ausstellungsreihe willkommen geheißen.
Dabei ist die alte Kapelle mehr als ein Raum für eine einzige Veranstaltung. Es gibt diverse Konzerte, Kunstausstellungen und einen Ostermarkt. Der Früchteteppich aber bleibt das Highlight. So auch in diesem Jahr. Der 34. Früchteteppich hat das Thema: „Der Auszug der Israelieten aus Ägypten durch das Rote Meer“. Die Künstlerin Heike Richter hat die Leitung des Projektes. Erstmals wird in diesem Jahr der Früchteteppich nach einem Gemälde gestaltet, das sie eigens für das Projekt angefertigt hat. Das Original-Gemälde kann in einer Tombola sogar gewonnen werden.
Die Ausstellung kann noch bis zum 2. November 2022, täglich von 10:30 bis 16:30 Uhr besucht werden.
Fotos: C. Heinemann