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Orientierung
Freitag, 20. Oktober 2023

Mission ist Grundlage des Christentums

Als das Christentum aus dem Judentum entstand, war es ein Fremdkörper. Nicht nur, weil die Christen nur den einen Gott anbeteten und sich weigerten, anderen Göttern zu opfern. Sondern auch, weil es neu war. Die antiken Kulturen kannten uralte Kulte, die seit Menschengedenken überliefert worden waren. Doch das Christentum war in der Geschichte entstanden, wie Paulus es etwa schreibt.

So hatte das Christentum keine traditionelle Anhängerschaft, kein Volk, keinen Stamm. Es musste sich durch Mission verbreiten.

Eine Mission, die zu seinem Wesen gehörte. Denn Jesus hatte seine Anhänger angewiesen, seine Lehre in der ganzen Welt weiter zu verbreiten.

So war die Mission in zweifacher Weise in die DNA des Christentums eingeschrieben und machte es zu einer Religion mit missionarischer Agenda.

Legitime Mission

Für den Menschen im modernen Westen ist der Wunsch nach Mission als Bedrängung zur Konversion kontaminiert. Denn nachdem das Christentum im 4. Jahrhundert zur dominierenden Religion des römischen Imperiums wurde – und damit auch den Mächtigen dienstbar – diente es vielfach (auch)  zur Legitimation und zur Ausbreitung von Herrschaft.

Mission kann daher, so der Neutestamentler Thomas Söding, „nur dann legitim sein, wenn sie diejenigen befreit, die zum Glauben kommen und wenn sie die Freiheit derer achtet, die diesen Glauben nicht teilen“, so Söding.

Konflikte um die Mission in der Bibel

Schon im Neuen Testament zeigt sich, dass Mission keineswegs widerspruchslos war. Eine Mission außerhalb des Judentums wurden von vielen der Anhänger Jesu abgelehnt. Einiges spricht dafür, dass diese auch nach Ostern ihre Bewegung in der jüdischen Schultradition sahen – und die Lehren ihres Rabbi Jesus nur unter  Juden verbreiten wollten. Erst dem Duo Petrus und Paulus gelang es, die Mission unter den Heiden auf eine anerkannte Grundlage zu stellen.

Die Botschaft Jesu, „die Botschaft des liebenden Gottes, der, in Jesus personifiziert, die Menschen auf allen Ebenen und Lebenslagen begleitet und errettet, wird in dieser Tradition als Verheißung verkündet“, so Söding. Diese Botschaft gilt nach christlicher Auffassung der ganzen Menschheit.

Dialogischer Charakter

Offenheit ist dabei für Söding ein Grundparadigma der Erfahrung von Missionaren. Sie entdecken: Gott ist immer schon dort, wo die Missionare erst hinkommen. Mission ist daher ein dialogisches Geschehen, dass nicht nur etwas überbringt, sondern gleichzeitig die Botschaft Gottes auch in den anderen findet.

Dem von Söding formulierten Anspruch ist das Christentum im längsten Teil seiner Geschichte nicht vollumfänglich gerecht geworden. Es entwickelte sich die Vorstellung, das Christentum solle mit diesen Kulturen verbreitet werden – respektive mit jenen, die sich auf dem Boden des alten Imperium Romanum entwickelten. Mission war damit nicht nur ein Glaubens-, sondern auch ein Kulturtransfer.

Zerstörerische Mission

Mission ist insoweit zerstörerisch, als sie auf die Überwindung eines Teiles oder der ganzen Kultur der Missionierten zielt, so P. Miguel Fritz OMI. Missionare verstanden ihre Mission häufig als Veredelung der missionierten Völker. Dafür war auch eine Zivilisierung notwendig. Diese Zivilisierung führte zur Zerstörung der einheimischen Kultur, die als minderwertig wahrgenommen wurde.

Damit gerieten die Missionare in einen schwer aufzulösenden Konflikt:

Der Missionar gewann seine Leidenschaft für die Mission aus der existenziell verstandenen Unterscheidung von Heil / Nicht-Heil: Nur innerhalb des Christentums ist Heil, außerhalb nicht.

Dieser fundamentale Antrieb wird aber überlagert, wenn zu viele weitere Interessen hinzutreten. Zugleich waren diese weiteren Interessen häufig notwendig, um die Missionierten für diese Unterscheidung Heil / Nicht-Heil überhaupt zu gewinnen. Denn dass es außerhalb des Christentums für sie kein Heil gebe, war für die wenigstens Missionierten unmittelbar einsichtig.

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Zwei große Missionare mit unterschiedlichen Konzepten

„schön und wohltuend“

Die unterschiedlichen Paradigmen, unter denen Mission betrieben wurde, überlagerten sich dabei zugleich mit den persönlichen Erfahrungen der Missionare vor Ort, die ihre eigenen kulturellen Prägungen mitbrachten.

Ein Beispiel ist der hl. Maximilian Kolbe. Er machte zwar die Grundentdeckung, von der her Dialog über den Glauben mit anderen möglich war: Das der andere etwas hat, was auch in seinem katholischen Glauben zu finden war. Und er war, so sein Biograf Andre Fossard, überzeugt: "Seine Religion erschien ihm ebenso schön wie wohltuend, und es wäre in seinen Augen eine Sünde gegen die Nächstenliebe gewesen, nicht zu versuchen, sie weiter auszubreiten."  Kolbe sah in den Menschen, die noch nicht den Glauben angenommen hatten, Menschen, die der Dürre und Verlassenheit überlassen wurden.

„Die Liebe bekehrt, wen sie will“

Diese Haltung transportiert zwar dialogische und humane, doch noch traditionelle Vorstellungen von Mission, die in unserer Zeit schwer nutzbar sind. Denn besonders in der westlichen Postmoderne ziehen sich Menschen zurück, wenn sie eine Missionsabsicht entdecken.

Einen zeitgemäßeren Weg mag Mutter Teresa gefunden haben, als sie ihre Mission beschrieb:

"Anfangs dachte ich, bekehren zu müssen. Inzwischen habe ich gelernt, dass es meine Aufgabe ist, die Menschen zu lieben. Und die Liebe bekehrt, wen sie will." Mission ist dann absichtslos, wenn sie liebende Begegnung ist. Sie besteht dann darin, sich auf Begegnung einzulassen. Eine Begegnung, die auch am Anfang des Wirkens Jesu stand.

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