Wie Glaubwürdigkeit entsteht
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Orientierung
Donnerstag, 14. März 2024

Glaubst du mir?

"Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

Über dieses Wort Jesu ist viel gepredigt worden, schon allein, weil es darin um eine existenzielle Frage geht: Glaubwürdigkeit. In den meisten Gesprächssituationen behauptet der eine etwas, was für den anderen nicht unmittelbar überprüfbar ist. Wenn ich etwa meinem Freund sage, ich sei zu unserem gemeinsamen Treffen zu spät gekommen, weil mein Chef mich aufgehalten hat, dann kann mir mein Freund das glauben– oder nicht.

Was ein Märtyrer bezeugen kann

Doch das Ereignis Jesus war einzigartig. So stiftet es Glaubwürdigkeit zunächst nur für diejenigen, die es erlebt haben.

Mit diesem Problem ist die Institution Kirche seit 2000 Jahren konfrontiert. Ihre Aufgabe ist es, die Botschaft Jesus durch die Zeiten zu bezeugen. Dafür muss sie überzeugen, dass ihre Botschaft wahr ist, dass es sich wirklich so zugetragen hat. Dafür hat die Kirche verschiedene Methoden entwickelt:

Sie hat aus der Fülle der Texte über das Leben und das Wirken Jesu von Nazareth einige wenige herausgesucht, denen sie kanonischen Rangverliehen hat. Sie hat Verfahren entwickelt, mit der sie eine richtige von einer falschen Lehre unterscheiden kann. Und sie hat das Zeugnis der Märtyrer als glaubwürdigkeitsstiftendes Zeichen für sich entdeckt.

Denn: Das Christentum erhält seine Glaubwürdigkeit auch und gerade von den Menschen, die ihm angehören. Die frühen Stars der Glaubwürdigkeit im Christentum waren die Märtyrer – die bereit waren, für ihren Glauben mit ihrem Leben einzutreten.

Die Märtyrer bezeugen aber nur indirekt, dass das Evangelium wahrhaftig ist. Die Botschaft ihres Zeugnisses war eine andere: dass sie wirklich daran glauben. Denn sie hatten den höchstmöglichen Preis dafür bezahlt.

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Die Nächstenliebe ist für die Christen ein Zeichen des Reiches Gottes

Gelebte Gegenwelt

Freilich hat jeder hat die Chance, die Glaubwürdigkeit seines Glaubens zu zeigen. Die Kirche kennt drei klassische Entfaltungsformen des christlichen Lebens: Martyria, das Bekenntnis zum eigenen Glauben; Diakonia, die tätige Nächstenliebe; und Liturgia, die Teilnahme am gemeinschaftlichen Gottesdienst.

Auch so entsteht durch jeden Christen Glaubwürdigkeit: Ich bezeuge meinen Glauben, auch, wenn ich nicht nur auf Gegenliebe stoße; ich besuche die Kranken, die Alten und die Armen und unterstütze sie; ich nehme an den Gottesdiensten teil und gehöre zu einer Gemeinschaft der Christen.

Christliche Gemeinden konnten so in der Antike eine Gegenwelt zur paganen Umwelt sein, sie waren anziehend und verliehen ihrem Glauben Glaubwürdigkeit– denn die Menschenmussten sich ja nicht so verhalten, es gab außerhalb des Christentums andere Optionen.

Die Kraft für dieses Anders-Sein schöpften die Christen durch das, was die Theologen „präsentische Eschatologie“ nennen. Das Reich Gottes ist schon angebrochen, aber noch nicht vollendet. Die Verhältnisse sind schon umgekehrt, auch wenn sie woanders noch in altbekannter Weise gelebt werden.

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Im Gottesdienst wird die Gegenwart Christi mit allen Sinnen erfahrbar

Askese schafft Glaubwürdigkeit

Schon früh kam im Christentum die Frage auf, durch welche Formen der Glaubwürdigkeit sich etwa Kleriker und Ordensleute auszeichnen mussten. Welche Opfer mussten sie erbringen, um anzuzeigen, dass sie wirklich an das Reich Gottes glaubten?

Denn je mehr das Christentum zur Massenreligion wurde, umso bedrängender wurde die Erkenntnis, die schon der Apostel Paulus beobachtet hatte: Der alte Mensch war auch im „neuen Leben“ (Römer 6,4) weiterhin präsent. Wenn schon die Jünger lau waren, wenigstens die religiösen Eliten sollten es nicht sein, um die Glaubwürdigkeit des Christentums in der erlösungsbedürftigen Welt zu bezeugen.

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Welche Zeichen brauchen die Menschen, um zu glauben?

Eine im Christentum gewählte Form der Glaubwürdigkeitsstiftung ist die Askese: Menschen unterwerfen sich bestimmten Übungen, die für andere sichtbar sind; diesen Übungen würden sie sich aber nicht aussetzen, wenn sie nicht an das glauben würden, was sie predigen.

Ein solches glaubwürdigkeitsstiftendes Merkmal ist etwa die sexuelle Enthaltsamkeit:

Das Verlangen nach menschlicher Fortpflanzung ist allen Menschengrundsätzlich zu eigen. Die gelebte Enthaltsamkeit, etwa als evangelischer Rat, ergibt biologisch keinen Sinn und schafft viele Probleme. Er taugt daher als Merkmal einer religiösen Elite, ergibt er doch nur in der „präsentischen Eschatologie“ Sinn; er hat damit beständigen Zeugnischarakter und zahlt auf die Glaubwürdigkeit des Religiosen ein, ebenso wie auf die Botschaft, die er verkündet.

Das gilt indes nur solange, wie die Gläubigen und die Außenwelt die sexuelle Enthaltsamkeit als ein solches glaubwürdigkeitsstiftendes Merkmal anerkennen. Gleiches gilt auch für die Wunder Jesu: Waren sie einst die Bestätigung für die Vollmacht des Herrn, machen sie die Geschichten des Neuen Testamentes heute eher unglaubwürdig – denn Wunder gibt es ja gar nicht, so die säkulare Position.

So bleibt für das Christentum die Frage, die schon kurz nach Ostern aufkam: Welche Zeichen brauchen die Menschen, um zu glauben?