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Orientierung
Samstag, 31. Dezember 2022
Stichwort: Der aronitische Segen an Neujahr

Gott wende dir sein Angesicht zu

Der Herr sprach zu Mose:
Sag zu Aaron und seinen Söhnen:
So sollt ihr die Israeliten segnen;
sprecht zu ihnen:
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten
und sei dir gnädig.
Der Herr wende sein Angesicht dir zu
und schenke dir Frieden.
So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen
und ich werde sie segnen.

Num 6,24–26

Um leben zu können, brauchen wir Nahrung, Wasser und Sauerstoff. Das alleine reicht aber nicht aus, um glücklich zu sein. So notwendig wie das tägliche Brot, das lebenspendende Wasser und den unverzichtbaren Sauerstoff brauchen wir andere Menschen. Wir brauchen Gegenüber, die uns anschauen, die auf uns schauen, die uns ihr Gesicht zuwenden. Wir brauchen Menschen, für die wir ansehnlich sind, gerade dann, wenn wir uns nutzlos, unansehnlich und überflüssig fühlen.

Jeder Mensch braucht zumindest einen Menschen, der ihm wenigstens ab und zu in die Augen schaut, sonst verwelkt er wie eine Blume ohne Wasser. Jeder von uns braucht immer wieder ein Gesicht, das uns anlacht, Mut macht; ein Gesicht, das wortlos sagt: Komm, das schaffst du schon. Solche Gesichter machen lebendig, setzen Kräfte frei, zeigen neu den Sinn des Lebens.

Aber das Leben ist nicht nur schön und angenehm. Es gibt auch das Gegenteil: verärgerte, verbitterte, enttäuschte Gesichter, die etwas anderes oder mehr von mir erwarten, als ich geben konnte. Gesichter, die mit mir ins Gericht gehen. Gesichter, die anklagen und unbequeme Fragen stellen: Was fällt dir überhaupt ein? Wie kannst du nur? Für wen hältst du dich eigentlich?

Noch schlimmer ist es, wenn jemand sein Gesicht abwendet. Wenn er oder sie einfach durch mich hindurchschaut, mich wie Luft behandelt und mir dadurch signalisiert, du bist es nicht einmal wert, dass ich mich über dich ärgere. Für mich existierst du gar nicht. So etwas ist furchtbar.

Im Buch Numeri redet die Bibel von Gott und seinem Gesicht. Am ersten Tag des neuen Jahres wird den Menschen mit dem o.g. Text aus dem Buch Numeri ein Segensgebet zugesprochen, das Gottes tiefe Zuwendung wünscht: Gott lasse sein Angesicht über dich leuchten. Er strahle dich an. Gott wende dir sein Gesicht zu. Wörtlich übersetzt lautet es: Gott erhebe sein Gesicht zu dir hin. Gott möge dich mit seinem Gesicht segnen. Das ist ein Segenswunsch, wie er größer nicht sein könnte: Gott wende sich uns zu und schaue uns gütig an. Besser kann das neue Jahr nicht beginnen.

Der Segen, die Lebensmacht, das Leben in Hülle und Fülle, damit sollen die Menschen an Neujahr beschenkt werden. Gott wendet dem Menschen sein Gesicht zu, am Menschen ist es, den Blick zu erwidern und das Geschenk der Zuwendung anzunehmen.