Glaube ohne Liebe ist tot
Leben und Liebe gehören unweigerlich zusammen. Wer als Mensch lebt, ist auf Liebe angewiesen. Die Liebe der Ehepartner ermöglicht neues Leben. Die Liebe der Eltern schafft eine Atmosphäre, in der Kinder sich entwickeln können. Die Liebe und die Zuneigung anderer Menschen schließlich lässt menschliches Leben gelingen. Ohne Liebe, Wärme und Nähe wäre unser Leben nicht lebenswert, würden wir verkümmern und vereinsamen. Die Bibel drückt das im ersten Johannesbrief noch drastischer aus: „Wer nicht liebt, bleibt im Tod“ (1 Joh 3,14).
Christus ist für die Menschen gestorben und auferstanden, das steht für den Schreiber des Briefes außer Frage. So schenkt er ihnen Heil und Leben. Dieses Geschenk verlangt nicht nur eine Antwort, sondern auch das aktive Mitwirken des Menschen. Er muss sich beschenken lassen wollen. Muss der Sünde entsagen, sich vor dem Bösen hüten und die Gebote halten. Vor allem das Liebesgebot spielt dabei eine große Rolle. Wenn Jesus Christus, der Sohn Gottes, aus einer tiefen Liebe zu den Menschen die Erlösung erwirkt hat, dann muss diese Liebe durch den Erlösten hindurch in die Welt fließen. Die Liebe Gottes darf man nicht kleinlich für sich behalten, sie muss weitergegeben werden. Nur wer die von Gott geschenkte Liebe weitergibt, wird sie bewahren können. Was das bedeuten kann, macht der Autor des Johannesbriefes sehr lebensnah deutlich: „Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder verschließt, den er in Not sieht, wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben?“ (1 Joh 3,17).
Botin der Liebe Gottes
Der Liebe zum Nächsten ein Gesicht geben, Gottes Liebe weiterschenken, nicht nur in einem günstigen Augenblick, sondern jeden Tag aufs Neue, das hat die heilige Elisabeth von Thüringen getan. Dabei stand gerade am Beginn ihres Lebens nicht die Geborgenheit und Liebe im Vordergrund. Geboren im Jahr 1207 als Tochter des Königspaars von Ungarn, diente sie schon im Alter von vier Jahren als politisches Faustpfand. Man bringt das Kleinkind an den Hof des Landgrafen von Thüringen, dessen Sohn sie einmal heiraten wird und mit dem sie gemeinsam erzogen werden soll.
Trotz dieser schwierigen Vorraussetzungen empfindet Elisabeth ihre Ehe später als glücklich. Nach nur sechs Ehejahren jedoch wird sie, noch keine zwanzig Jahre alt, zur Witwe. Mit dem Tod des geliebten Mannes ändert sich ihr Leben radikal. Ihre Frömmigkeit wird immer mehr von ihrer Liebe zu den Benachteiligten und Vernachlässigten geprägt. Sie fühlte sich den Armutsidealen des heiligen Franz von Assisi nahe und will Botin der Liebe Gottes sein. Die Radikalität ihrer Nächstenliebe stößt in ihrer Umgebung auf wenig Verständnis, Elisabeth muss die Wartburg verlassen und zieht nach Marburg. Dort lebte sie als Franziskanerterziarin und kümmert sich um die Armen und Bedürftigen der Stadt. Trotz ihrer Herkunft und ihrer höfischen Erziehung dient sie einfach und bescheiden den Ärmsten der Armen und verrichtet dabei die Dienste, die keiner sonst tun will.
Vorbild der Caritas
„Wer nicht liebt, bleibt im Tod.“ Die heilige Elisabeth hat diesen Satz in ihrem Leben verwirklicht. Zeit ihres Lebens war sie geprägt von einer tiefen Liebe zu Christus. Sie hat gelernt, diese Liebe im Alltag umzusetzen und denen beizustehen, die auf sie angewiesen waren. Mit ihrem aufopferungsvollen Einsatz und ihrer Liebe zu den Armen ist sie zum leuchtenden Beispiel für caritatives Handeln in der Kirche geworden.
Das Beispiel der Elisabeth und die Zeilen des Johannesbriefes stellt alle, die sich Christen nennen vor die Frage: Wie halten wir es mit der Nächstenliebe? Reicht es uns, zu wissen, dass Gott uns liebt, dass er in Jesus Christus für uns den Tod besiegt hat, oder wollen wir ihm in der Liebe zum Nächsten antworten?
Glaube ohne Liebe wäre tot, wäre eine Ideologie, ein philosophischer Versuch oder leeres Gerede. Wer Christus liebt, muss auch den Nächsten lieben. Denn nur wo Liebe ist, wird Leben möglich, und wer nicht liebt, der bleibt im Tod.