Ein Tag für die wichtigste Ressource des Lebens
Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Privileg. Das war in Deutschland jahrzehntelang kaum jemandem bewusst. Erst seit auch hierzulande immer häufiger von Dürre die Rede ist und in manchen Landkreisen im Sommer der Rasen nicht mehr gesprengt werden darf, wird vielen wieder bewusst: Wasser ist kostbar – und Zugang dazu bestimmend für Leben und Alltag.
Daran erinnert der Weltwassertag, der jährlich am 22. März begangen wird. Der internationale Tag des Wassers steht in diesem Jahr unter dem Motto "Accelerating Change" - den Wandel beschleunigen. Das Thema erinnert an das Ziel der Vereinten Nationen, bis 2030 sauberes Wasser und Sanitärversorgung für alle Menschen zu gewährleisten – sauberes Wasser soll kein Privileg mehr sein.
Zugang zu „sicherem“ Wasser
Das Ziel ist ambitioniert. Und doch ist die Menschheit in den vergangenen Jahrzehnten ein großes Stück vorangekommen. In den letzten 20 Jahren haben mehr zwei Milliarden Menschen Zugang zu sicherem Trinkwasser erhalten. UNICEF spricht von "sicherem" Wasser, wenn es für die Menschen in der Nähe ihres Zuhauses zugänglich, bei Bedarf verfügbar und frei von Verunreinigungen ist.
Das ist ein entscheidender Faktor für die Hygiene. Der Mangel an sauberem Wasser und Hygiene gehört noch immer zu den häufigsten Todesursachen, etwa bei Kindern. Jeden Tag sterben weltweit mehr als 1.000 Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten, die durch verschmutztes Wasser, fehlende sanitär Einrichtungen und mangelnde Hygiene verursacht werden.
670 Millionen Menschen können sich nicht die Hände waschen
So haben trotz der Fortschritte auch weiterhin rund zwei Milliarden Menschen weltweit keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser.
Rund 771 Millionen Menschen verfügen noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser. Schätzungsweise 2,3 Milliarden Menschen haben keine Möglichkeit, sich die Hände mit Wasser und Seife zu waschen, davon 670 Millionen Menschen, die überhaupt keine Möglichkeit zum Händewaschen haben.
Die Hälfte der Weltbevölkerung, 3,6 Milliarden Menschen, verfügt zudem zu Hause nicht über sichere sanitäre Anlagen. Dazu gehört eine Toilette, die dafür sorgt, dass Menschen nicht in Kontakt mit den Ausscheidungen kommen. Rund 494 Millionen Menschen praktizieren den Stuhlgang im Freien.
Ein Ort, der Leben rettet
Über Bedeutung der Toiletten für die globale Gesundheit lesen Sie auch hier im WEINBERG.
Wasserarmut – auch ein soziales Risiko
Zwar sind mehr als zwei Drittel der Erde von Wasser bedeckt - allerdings sind nur weniger als drei Prozent davon trinkbar. Dieses Trinkwasser ist zudem sehr ungleich verteilt. Besonders in Afrika, Lateinamerika und Asien herrscht vielerorts dramatische Wasserknappheit. Schätzungsweise 3,6 Milliarden Menschen leben heute in Gebieten, die mindestens einen Monat pro Jahr extrem wasserarm sind. Laut einer Untersuchung von UNICEF; aus dem Jahr 2021 leben weltweit mehr als 1,42 Milliarden Menschen in Gebieten mit insgesamt hoher oder extrem hoher Wasserunsicherheit.
Das hat auch soziale Folgen: Wenn Kinder täglich lange Wege gehen müssen, um Wasser für die Familie zu holen, verpassen sie oft die Chance, zur Schule zu gehen. Hinzu kommt: Wenn Schulen kein sicheres Trinkwasser und keine Toiletten haben, können Kinder nicht in einer gesunden Umgebung lernen. Und Mädchen bleiben während ihrer Menstruation häufig lieber zu Hause. Zudem erhöhen lange Wege zu den Wasserstellen die Gefahr für Mädchen und junge Frauen, Opfer von sexueller Gewalt zu werden.
Die Grenze ist schon überschritten
Der Klimawandel verschärft diese Lage.
Der wirkt sich unter anderem auf die Niederschläge aus: Intensität, Dauer und Verteilung über die Jahreszeiten hinweg verändern sich. Das wiederum beeinflusst die Menge und Qualität des Trinkwassers. Extreme Wetterereignisse können zudem Wassersysteme und Infrastruktur beschädigen.
Schon im Frühjahr 2022 hat eine Forschergruppe Alarm geschlagen: Die planetare Grenze der Süßwasservorräte sei erschöpft. Diese Grenzen geben an, wie viele Ressourcen die Menschheit in bestimmten Feldern verbrauchen darf, ohne ihr eigenes Überleben zu gefährden.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt der Weltwasserbericht der globalen Kommission zur Wasserökonomie. Darin heißt es, die Welt sehe sich „einer systemischen Krise auf lokaler und globaler Ebene gegenüber“.
Sieben Punkte gegen die Wasserkrise
Mit dem aktuellen Bericht stellt die Kommission sieben Punkte vor, um den Umgang mit Wasser wesentlich zu verändern:
„Erstens müssen wir den globalen Wasserkreislauf als globales Allgemeingut verwalten, das kollektiv und im Interesse aller geschützt werden muss.“
„Zweitens müssen wir einen ergebnis- und auftragsorientierten Ansatz für Wasser wählen … Das bedeutet, dass wir eine Vielzahl von Akteuren aus dem öffentlichen und privaten Sektor, der Zivilgesellschaft und der lokalen Gemeinschaft mobilisieren müssen, dass wir die Innovationspolitik nutzen müssen“
„Drittens müssen wir die Unterbepreisung von Wasser beenden. Eine angemessene Preisgestaltung in Verbindung mit einer gezielten Unterstützung der Armen wird eine effizientere Nutzung des Wassers in allen Sektoren … ermöglichen. Wir müssen bei unseren Entscheidungen auch den nicht-wirtschaftlichen Wert des Wassers berücksichtigen“.
„Viertens müssen wir die jährlichen Subventionen in Höhe von rund 700 Milliarden US-Dollar für die Landwirtschaft und die Wasserversorgung abbauen, die zu einem übermäßigen Wasserverbrauch und anderen umweltschädlichen Praktiken führen. Wir müssen die Lecks in den Wassersystemen, die jährlich Milliarden kosten, drastisch reduzieren, indem wir nachhaltigen Instandhaltungsmaßnahmen Vorrang einräumen.“
„Fünftens sollten wir gerechte Wasserpartnerschaften einrichten, um Investitionen in den Zugang zu Wasser, in die Widerstandsfähigkeit und in die Nachhaltigkeit in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu ermöglichen, und zwar mit Ansätzen, die sowohl zu nationalen Entwicklungszielen als auch zum globalen Gemeinwohl beitragen.“
„Sechstens müssen wir die Möglichkeiten nutzen, die in diesem Jahrzehnt zu einer deutlichen Verbesserung führen können: Stärkung der Süßwasserspeichersysteme, insbesondere der natürlichen Ressourcen wie Feuchtgebiete und Grundwasser, die in gefährlichem Maße erschöpft sind. Entwicklung der städtischen Kreislaufwirtschaft, insbesondere durch Recycling von Industrie- und Siedlungsabwässern, die nach wie vor weitgehend unbehandelt sind. Verringerung des Wasserfußabdrucks in der Produktion, einschließlich der Wiederverwendung von Wasser bei der Herstellung wichtiger Materialien wie Lithium, das wir für die Elektrifizierung benötigen. Umstellung der Landwirtschaft auf Präzisionsbewässerung, weniger wasserintensive Kulturen und eine dürreresistente Landwirtschaft, die auch das Einkommen steigern kann.“
„Siebtens müssen wir, um all unsere Bemühungen zu untermauern, die multilaterale Governance im Bereich Wasser neugestalten, die derzeit fragmentiert und nicht zweckmäßig ist. Die Handelspolitik muss als Instrument für eine nachhaltigere Wassernutzung genutzt werden.“
Endlich wieder eine Weltwasserkonferenz
Um das Thema auf der höchsten Ebene zu behandeln, findet vom 22. bis zum 24. März die UN-Wasserkonferenz in New York statt. Erstmals seit 46 Jahren kommen führende Politiker und Teilnehmer unterschiedlicher Organisationen in diesem Rahmen zusammen, um die Fortschritte beim Ziel des Zugangs zu sicherem Wasser und sanitärer Einrichtungen für alle zu überprüfen. Denn der Zugang zu Wasser ist lebenswichtig – und deswegen ist er ein Menschenrecht.
Fotos
Header-Bild: JerzyGorecki (pixabay)
Bild Kinder: Nambasi (pixabay)