Zwangsheirat und „Ehrenmord“
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Freitag, 23. August 2024
Solwodi Deutschland:

Zwangsheirat und „Ehrenmord“

Koblenz - Die Frauenrechtsorganisation Solwodi verzeichnet eine steigende Zahl von Frauen, die wegen Zwangsverheiratungen oder einem angedrohten sogenannten Ehrenmord Hilfe suchen. Wie aus dem jetzt in Koblenz veröffentlichten Jahresbericht 2023 hervorgeht, wandten sich im vergangenen Jahr 138 Mädchen und Frauen wegen drohender Zwangsverheiratung an Solwodi, außerdem 113 wegen einer tatsächlich erfolgten Zwangsheirat und 117 Frauen wegen einer Morddrohung im Namen einer angeblichen „Familienehre“.

„Für 2023 haben wir erneut eine Zunahme bei Fällen von Zwangsverheiratung, von Gewalt und Bedrohung durch die Familie sowie von Ehrenmordbedrohung feststellen müssen“, erklärte Maria Decker, Vorsitzende von Solwodi Deutschland. 2022 hatte Solwodi laut dem damaligen Jahresbericht mit 100 drohenden Zwangsverheiratungen von Frauen und mit 91 tatsächlichen Zwangsheiraten zu tun; zudem wurden 83 Frauen mit einem „Ehrenmord“ bedroht. Dieser verharmlosende Begriff bezeichnet die Ermordung einer Person durch Familienmitglieder. Das Opfer soll dabei die Familie durch eine vermeintlich inakzeptable Handlung - etwa einen als „westlich“ wahrgenommenen Lebensstil - gedemütigt haben. Kritiker lehnen den Begriff „Ehrenmord“ ab, weil er ein Fehlverhalten des Opfers suggeriert und dadurch eine Täter-Opfer-Umkehr erfolgt.

Eine Zwangsverheiratung liegt vor, wenn mindestens eine Person durch Androhung oder Ausübung von körperlicher, seelischer oder emotionaler Gewalt zum Eingehen der Ehe gezwungen wird. Meist sind Mädchen oder junge Frauen betroffen. In Deutschland ist Zwangsheirat nach Paragraf 237 Strafgesetzbuch ein Straftatbestand und wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

Solwodi berät und unterstützt Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel, Prostitution, Zwangsheirat oder häuslicher Gewalt geworden sind. Insgesamt hätten sich 2.296 Frauen aus 109 Ländern im vergangenen Jahr erstmalig bei Solwodi gemeldet, sagte Decker. Die Unterstützung von Frauen in Not sei weiter dringlich.

Die international tätige Menschenrechtsorganisation Solwodi mit Sitz in Koblenz wurde 1985 von der katholischen Ordensschwester und Frauenrechtlerin Lea Ackermann (1937-2023) gegründet. In Deutschland ist die Organisation in 18 Städten mit 21 Beratungsstellen und 14 Schutzeinrichtungen tätig. Solwodi steht für Solidarity with Women in Distress - Solidarität mit Frauen in Not. (KNA)