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Mexiko
Montag, 17. April 2023

Ein Priester soll Mexikos Migrationspolitik umkrempeln

Mexiko-Stadt - Keine Woche vergeht, ohne dass in Mexiko eine neue Schreckensnachricht den Blick auf die Lage der Migranten lenkt.

Vergangene Woche war es ein verlassener Lkw, in dem 209 eingepferchte Personen gefunden wurden, darunter auch viele Minderjährige; die meisten stammten aus Guatemala und Honduras. Auf einer Autobahn im Bundesstaat Veracruz machten die Behörden die Entdeckung. Wohl gerade noch rechtzeitig, denn ein Mensch wies bereits Anzeichen einer drohenden Erstickung auf und wurde ins Krankenhaus gebracht.

Erst kurz zuvor hatte der Brand in einer Migrantenunterkunft der Grenzstadt Ciudad Juarez weltweit für Entsetzen gesorgt. 40 Insassen, überwiegend aus Venezuela, Guatemala, Honduras und El Salvador, kamen ums Leben. Die Katastrophe war der Beginn einer kontroversen Debatte über Mexikos Migrationspolitik.

Seither rückt der international bekannte katholische Pfarrer Alejandro Solalinde immer mehr in den Fokus. Der 78- Jährige ist wegen seines Einsatzes für Migranten Träger des Nationalen Menschenrechtspreises. Fast wäre er 2018, zu Beginn der Amtszeit des linkspopulistischen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador, offizieller Migrationsbeauftragter geworden. Doch am Ende entschied sich Solalinde gegen das Angebot. Nun aber könnte der Geistliche doch noch politische Verantwortung übernehmen.

Öffentlich rät er mit drastischen Worten dazu, das Nationale Institut für Migration (INM) zu schließen. Die Behörde sei von korrupten Agenten übernommen worden, die Migranten als Ware betrachteten, sagte er der Zeitung 'El Universal'. Und wütend fügte er hinzu: "Um es klar zu sagen: Das INM betreibt keine Unterkünfte, sondern Gefängnisse."

Inzwischen hat sich Solalinde mehrfach zu Beratungen mit Lopez Obrador getroffen. Der Kirchenmann und der Präsident machen gemeinsam die USA für die jüngste Brandkatastrophe verantwortlich. Das Unglück sei Folge des Drucks, den die US-Regierung in Migrationsfragen ausübe. Der Priester ist zurzeit als Chef einer neuen Behörde im Gespräch, die alle Aufgaben des INM übernehmen soll.

Allerdings ist er nicht unumstritten, vertritt bisweilen populistische Thesen und sucht gerne die Medien. "Was zeichnet ihn aus, eine solche Position zu übernehmen?", fragt die Zeitung 'Excelsior' - und liefert die Antwort gleich mit: "Es ist einfach. Er erfüllt die beiden Hauptanforderungen von Präsident Lopez Obrador: 90 Prozent Loyalität und 10 Prozent Fachwissen." Solalinde habe null Erfahrung in Sachen Verwaltung.

Die oppositionelle Senatorin Lilly Tellez schimpfte gar, man solle Solalinde nicht "Padre" nennen, sondern "Dämon", weil er am Menschenhandel verdiene. Beweise allerdings blieb die Politikerin schuldig.

Für Lopez Obrador ist das Thema Migration ein heißes Eisen. Im Wahlkampf 2018 hatte er versprochen, sich für eine humanitäre Migrationspolitik einzusetzen. Doch im Lauf seiner Amtszeit verschärfte er die Bedingungen für die überwiegend aus Mittelamerika, Venezuela und Haiti stammenden Migranten, die an der Grenze zu den USA festgehalten werden. Eine von ihm gegründete Nationalgarde steht im Verdacht, Schutzgelder von den Betroffenen zu verlangen. (KNA)