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Mazenodfamilie
Missionare schreiben
Sri Lanka
Freitag, 13. Mai 2022
175 Jahre Oblatenmissionare in Sri Lanka

Eine neue Seite des Evangeliums schreiben

Wie kommt es dazu, dass eine Ordensgemeinschaft ein bestimmtes Missionsgebiet übernimmt? Das mag von Fall zu Fall unterschiedlich sein, abhängig von personellen Gegebenheiten, politischen Umständen und vielem anderen mehr. Wie es zur Übernahme des Missionsauftrags der Oblaten für das heutige Sri Lanka kam, darüber berichtet unser Ordensgründer Eugen von Mazenod in einem Brief an den damaligen Novizenmeister der Oblaten: „Eine großartige Mission tut sich uns auf. Bischof Bettachini, der Koadjutor des Apostolischen Vikars der Insel Ceylon, war gerade für zwei Tage bei mir. Welch ein Missionsfeld eröffnet sich uns dort! Im schönsten Land der Erde sind 1,5 Millionen Menschen zu bekehren. 150.000 Christen sind dort zu unterweisen. Diese große Bevölkerungsmasse zeichnet sich durch einen freundlichen Charakter und einen entschiedenen Hang zum Religiösen aus. Wie könnten wir also einer so dringlichen Anfrage widerstehen und nicht mit Dankbarkeit auf die Einladung zu tatkräftiger Mitarbeit an einem so großen Werk antworten? Daher habe ich diese neue Mission angenommen, eine der schönsten auf der Welt. Dieses große Land wird eines Tages zu den Perlen unserer Kongregation gehören“. Diese Zeilen schreibt Eugen von Mazenod 31 Jahre nach der Gründung der Oblaten. Erst wenige Jahre zuvor hatte er im Jahr 1841 die ersten Oblatenmissionare nach Kanada und Großbritannien geschickt, im Jahr 1847 begann die Missionsarbeit in Texas und wie eben gehört in Ceylon.

Eine neue Seite des Evangeliums schreiben mit mazenodischer Kreativität und Engagement

Leitwort des Jubiläumsjahres

Geschichte der Oblatenmission in Sri Lanka

Im Jahr 1518 wurde die Küstenregionen der Insel von Portugiesen erobert. Im Jahr 1658 fiel der portugiesische Teil der Insel an die Niederländische Ostindien-Kompanie und 1796 schließlich begann die britische Herrschaft über Ceylon, dem heutigen Sri Lanka.

Die Katholiken in Ceylon lebten während der Verfolgung durch die protestantischen Niederländer 30 Jahre lang ohne katholische Priester, bis der hl. Joseph Vaz 1687 aus Indien kam. Obwohl die Katholiken nach der Ankunft der Briten im Jahr 1802 Religionsfreiheit erlangten, konnten sie nicht ohne weiteres mit vielen katholischen Priestern aus Indien oder Europa rechnen. Ausreichend einheimischen Klerus gab es nicht. Diese Situation zwang den italienischen Oratorianerbischof Orazio Bettacchini, den neuen Apostolischen Vikar von Jaffna, 1845 nach Europa zu reisen, um nach Missionaren für seine Katholiken zu suchen.

Nachdem es ihm nicht gelungen war, von bei Propaganda Fide, der päpstlichen Behörde für die Mission in Rom Hilfe zu erhalten, ging Bischof Bettacchini nach Frankreich. Dort traf er Bischof Berteaud von Tulle, der ihm sagte: „Geh nach Marseille: Dort gibt es einen Bischof, der eine kleine Gemeinschaft gegründet hat, aber ein Herz hat, das so groß ist wie das des heiligen Paulus: so groß wie die Welt. Geh dorthin und sage ihm, dass es darum geht, die armen Seelen zu retten, die ärmsten Seelen, und bestehe darauf, es ist ein unwiderstehliches Wort." Der Bischof der so angesprochen werden sollte, war der Bischof von Marseille, Eugen von Mazenod.

Bischof Bettacchini begab sich zum Oberen der Oblaten und seine Bitte lautete wie folgt: „Monsignore, ich versichere Ihnen, dass es sich um arme Seelen handelt, sehr arme Seelen, die verlassensten, die unglücklichsten auf der Erde. Haben Sie Mitleid mit ihnen und geben Sie ihnen einige Missionare. Wenn Eure Oblaten nicht kommen, werden sie zugrunde gehen. Im Namen der Unbefleckten Jungfrau Maria rette sie!"

Bischof von Mazenod kam dieser dringenden Bitte begeistert nach und schickte vier Oblaten unter der Leitung von Pater Stephen Semeria nach Ceylon. Pater Semeria und seine Mitbrüder schifften sich am 21. Oktober 1847 in Marseille ein. Am 28. November 1847 ging die Gruppe in Galle auf Ceylon von Bord.

Vorschau Blick auf auf die Stadt Colombo
Colombo ist eine multiethnische und multikulturelle Stadt. Sie hat etwa 750.000 Einwohner und ist de facto die Hauptstadt des Landes, offizielle Hauptstadt und Sitz des Parlamentes ist Sri Jayewardenepura Kotte, ein Vorort, der etwa 8 Km vom Stadtzentrum.

Ein Land mit zwei Oblatenprovinzen

Auf der Insel leben hauptsächlich zwei Bevölkerungsgruppen: Singhalesen und Tamilen. Die Tamilen auf Sri Lanka werden zwischen indischen Tamilen und Sri-Lanka-Tamilen unterschieden. Die indischen Tamilen wurden während der englischen Kolonialzeit aus dem südindischen Tamil Nadu als Plantagenarbeiter angeworben und im Landesinneren angesiedelt. Die einheimischen Tamilen leben an der nordöstlichen Küste der Insel. Vor der Kolonialzeit war Sri Lanka in drei Herrschaftsgebiete geteilt, zwei singhalesische-buddhistische und ein tamilisch-hinduistisches Königreich, welche die meiste Zeit über in friedlicher Koexistenz lebten. Die portugiesischen und niederländischen Kolonialherren haben diese Aufteilung beibehalten, unter englischer Herrschaft wurden die drei Königreiche zur britischen Verwaltungseinheit Ceylon zusammengeschlossen. Im Jahr 1948 erlangte Sri Lanka die Unabhängigkeit. Ab etwa 1970 kam es zu ethnischen Spannungen, die zu separatistische Bestrebungen der Sri-Lanka-Tamilien führten: Sie forderten einen eigenen Staat in ihren traditionellen Siedlungsgebieten. Das führte zu einem Bürgerkrieg, der 1983 begann und erst im Mai 2009 mit dem Sieg der Regierungstruppen endete.

Nach dem die Oblaten 1847 die Mission im britischen Ceylon begonnen hatten, wurde ihre Mission ab 1851 offiziell das „Missionsvikariates Ceylon“. Von 1883 bis 1907 gab es zwei Missionsvikariate im Land, das Missionsvikariat Jaffna (Tamil) und Missionsvikariat Colombo (Sinhala).

Von 1907 bis 1984 waren beide Einheiten wieder vereint, bevor sie 1984 in zwei eigenständige Einheiten aufgeteilt wurden. Heute leben in der Oblatenprovinz Colombo ca. 140 Oblaten in der Provinz Jaffna etwa 120 Mitbrüder.

Wünsche für die Zukunft

Pater Louis Lougen, der Generalobere der Oblaten, übermittelte seine Grüße und Segenswünsche anlässlich der Eröffnung des Jubiläumsjahres. In seinem Brief an die Oblaten in Sri Lanka erinnerte er an die Worte des hl. Eugen aus dem Jahr 1847: „Welch ein Arbeitsfeld tut sich vor uns auf ... im schönsten Land der Welt ... Ich sehe voraus, dass diese große Insel eines Tages zu einer Stiftung wird, die unsere Kongregation ganz heiligen wird."

Pater Lougen schrieb dazu: „Auf Ihrer Einladung zum 175. Jubiläumsjahr haben Sie ein Thema genutzt, das von den Worten des Papstes an die Mitglieder des 36. Generalkapitels im Jahr 2016 inspiriert ist: `Möge der Herr Ihnen erlauben, neue Seiten zu schreiben, die genauso fruchtbar sind wie die Ihrer Brüder, die in den letzten 200 Jahren Zeugnis abgelegt haben, manchmal sogar mit Blut, für diese große Liebe zu Christus und zur Kirche`. Als Generaloberer freue ich mich, dass Sie den haben den Wunsch geäußert haben, mit der Kreativität und dem Engagement des hl. Eugen neue Seiten der Evangelisierung schreiben zu wollen. In Anbetracht des Themas, das Sie für dieses Jahr gewählt haben, bitte ich den Herrn, Sie mit einer dreifachen Gnade zu segnen: Die Gnade der Bekehrung, die Gnade der mazenodianischen Kreativität und die Gnade familiären Zusammenhaltes“.

Am Ende der Eucharistiefeier beteten alle gemeinsam das Jubiläumsgebet.

Foto Colombo:  A. Savin, Wikimedia Commons