Missionare sind ein Erbe der ganzen Kirche
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Mazenodfamilie
Im Gespräch
Donnerstag, 5. Oktober 2023

Missionare sind ein Erbe der ganzen Kirche

Pater Kapena Shimbome wurde im Herbst 2022 zum Generalrat für Afrika-Madagaskar gewählt. Zuvor war er Provinzial der Oblaten in seiner Heimat Namibia. Der WEINBERG hat mit ihm über den Dienst afrikanischer und asiatischer Missionare in Europa gesprochen.

P. Christoph Heinemann OMI

Wie blicken Sie als Vertreter Ihres Kontinents in der Generalleitung der Oblaten darauf, dass junge afrikanische Priester und Ordensleute als Missionare nach Europa gehen?

P. Kapena Shimbome OMI

Früher sind europäische Missionare ausgezogen, um die Frohe Botschaft zu verkünden. Heute brauchen europäische Länder oft Missionare. Das ist eine neue Realität. Die Kirche ist immer missionarisch gewesen, sie ist immer schon hinausgegangen in die Welt, um die Frohe Botschaft zu verkünden. Wir sollten die neuen Missionare, die aus Afrika oder Asien nach Europa kommen, in diesem Licht sehen. Sie beteiligen sich an der Mission der Kirche und verbreiten die gute Nachricht, dass Gott bei seinem Volk sein will. Ich bin überzeugt: Alle Menschenbrauchen Gott, deshalb ist der Dienst der Missionare unverzichtbar.

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P. Kapena Shimbome OMI vertritt als Generalrat die Region Afrika-Madagaskar
P. Christoph Heinemann OMI

Werden die Missionarinnen und Missionare, die nach Europa kommen, nicht auch in ihren Heimatländern gebraucht? Vielleicht sogar dringender als hier?

P. Kapena Shimbome OMI

Gute Leute werden überall gebraucht und man verzichtet nicht leichtfertig auf sie. In der Vergangenheit hat Europa seinen Teil zur Ausbreitung des Evangeliums beigetragen, indem es Missionare in die Welt ausgesandt hat. In meiner Heimat Namibia haben deutsche, niederländische und österreichische Missionare Dienst getan. Sie haben ihre Energie, ihre Talente und  ihre Zeit mit den Menschen vor Ort geteilt.

P. Christoph Heinemann OMI

Ist die Idee des Teilens die Chance, die sie in dieser Entwicklung sehen?

P. Kapena Shimbome OMI

Ja, denn Mission ist immer ein selbstloses Teilen. Jeder Missionar hat Talente und Fähigkeiten, die ihm von Gott gegeben sind. Wenn ein junger Missionar aus Afrika nach Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder Kanada geschickt wird, ist das kein Verlust, er setzt seine Talente für das Reich Gottes nur in einem anderen Teil der Kirche ein. Das müssen wir noch mehr verinnerlichen. Wir wissen das Gute zu schätzen, das die europäischen Missionare getan haben. Jetzt ist es an der Kirche Afrikas und Asiens, etwas zurückzugeben.

P. Christoph Heinemann OMI

Wenn man etwas geben oder zurückgeben will, braucht man auch jemanden, der es annimmt. Brauchen die Menschen in den Industrieländern überhaupt noch Missionare, wollen sie sie auch?

P. Kapena Shimbome OMI

In Europa gibt es ohne Frage viele sichtbare Veränderungen in der Kirche. Die Zahl der Kirchenmitglieder geht zurück und die finanziellen Mittel werden geringer. Meiner Ansicht nach bedeutet das jedoch nicht, dass der Glaube und die Suche danach ganz verloren gegangen sind. Das hat im Sommer der Weltjugendtag wieder eindrucksvoll gezeigt. Gerade die Arbeit mit jungen Menschen ist wichtig für die Zukunft der Kirche.

P. Christoph Heinemann OMI

Aber ist die Botschaft der Kirche und der Oblaten für die heutige Jugend noch relevant? Wenn nicht, wie kann sie wieder relevant werden?

P. Kapena Shimbome OMI

In den Industrieländern scheint es ein großes Bedürfnis nach einer Kirche zu geben, die dorthin geht, wo sich die modernen Menschen aufhalten; eine Kirche, die die gewöhnlichen Lebensgeschichten der Menschen begleitet und ihnen zuhört. Eine Kirche, die Hoffnung bietet. Darin sehen wir unsere Rolle als Oblaten: denjenigen, die am Rande stehen, Hoffnung zu geben; und diese Hoffnung ist in Gott begründet.

P. Christoph Heinemann OMI

Was braucht es, damit sich ein junger und engagierter Missionar im alten Europa, in dem die Kirche trotz aller Hoffnung in weiten Teilen auf dem Rückzug ist, wohlfühlen und erfolgreich wirken kann?

P. Kapena Shimbome OMI

Jeder junge Priester und Ordenschrist aus Afrika oder Asien, der nach Europa kommt, muss einen wahrhaft missionarischen Geist haben. Er muss engagiert und offen für neue Erfahrung sein und die Bereitschaft mitbringen, in die Kultur und die Sprache des Volkes einzutauchen, zu dem er gesandt ist.

Hier zeigt sich auch die gegenseitige Abhängigkeit der Menschen. Wir brauchen einander. Auch das ist ein Bild für eine missionarische Kirche. Es ist ein Beispiel für den christlichen Wert des Teilens und der Gegenseitigkeit.

P. Christoph Heinemann OMI

Was bedeutet diese gegenseitige Abhängigkeit ganz konkret?

P. Kapena Shimbome OMI

Angesichts der abnehmenden Zahl von Berufungen in den entwickelten Teilen der Welt ist es logisch, dass die Teile der Welt, in denen es mehr Berufungen gibt, wie in Afrika und Asien, die Missionare mit anderen teilen, die nicht genug Berufungen haben. Wenn man glaubt, dass die Kirche ein Projekt Gottes ist, dann ist jede gute Gabe, die einem bestimmten Priester oder Missionar gegeben wird, ein Geschenk für die ganze Kirche Christi. Man ist nicht nur Missionar für eine namibische, deutsche oder indische Kirche. Priester, Missionare und Ordensleute sind immer ein Erbe der ganzen Kirche.