Am Ziel festhalten
Vorschau Profess Raymund
Mazenodfamilie
Freitag, 31. Januar 2025

Am Ziel festhalten

Maximilian Röll

Wozu braucht es noch ein Gelübde der Beharrlichkeit? 

P. Karl-Heinz Vogt OMI

Das Gelübde wurde eingeführt, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Dahinter stehen die Erfahrungen etwa der Jesuiten, die im 18. Jahrhundert aufgelöst und zerstreut wurden. Ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl kann entscheidende spirituelle Wirkung haben, damit eine Gemeinschaft innerlich zusammenbleibt.

Ich denke da etwa an die Mallersdorfer Schwestern in Rumänien. In der Zeit des Kommunismus wurden die Orden dort aufgelöst und die Schwestern zerstreut. Manche haben allein gelebt, andere sind in ihre Familien zurückgegangen. Aber dennoch sind sie spirituell zusammengeblieben.

Zudem verstärkt das Gelübde den Charakter der Treue. Ich mache die Gelübde auf ewig – und damit binde ich mich an diese konkrete Gemeinschaft. Der Verpflichtungscharakter wird dadurch größer. Man könnte das Gelübde der Beharrlichkeit also auch übersetzen als Gelübde der Treue.

Maximilian Röll

Wie zeigt sich das im Leben und in der Spiritualität der Oblatenmissionare?

P. Karl-Heinz Vogt OMI

Die Beharrlichkeit, in einer Gemeinschaft zu bleiben, verstärkt das Zugehörigkeitsgefühl – sowohl zur Gesamtheit als auch zu den jeweiligen Kommunitäten. Das ist bei den Oblatenmissionaren ein hoher Wert und war schon von Eugen von Mazenod gewünscht. Gemeinschaft und Beharrlichkeit hängen eng miteinander zusammen. Das fällt mir gerade dann auf, wenn ich anderen Ordensgemeinschaften begegne.

Während meines ersten Priesterjahres war ich in der Ausbildung in Augsburg. Dort war der Pfarrer der Gemeinde ein Salesianer, der im Pfarrhaus lebte und einmal in der Woche in die Kommunität ging. Das gibt es bei uns nicht. Wir leben fast immer in Gemeinschaft, auch dann, wenn wir unterschiedliche Aufgaben haben. Das kommt auch im gemeinsamen Gebet zum Tragen.

Maximilian Röll

Sie waren zehn Jahre Novizenmeister. Spielt das Gelübde der Beharrlichkeit eine Rolle in der Ausbildung?

P. Karl-Heinz Vogt OMI

In der Ausbildung habe ich das Gelübde der Beharrlichkeit eher am Rande behandelt. Ich habe aber darauf hingewiesen: Spätestens bei den Ewigen Gelübden spielt der Verpflichtungscharakter eine große Rolle. Wie weit das Gelübde der Beharrlichkeit noch bedacht wird, wenn sich ein Mitglied entschließt auszutreten, das beurteilt jeder nur selbst.

Wichtig ist aus meiner Sicht: Die Gelübde sollten niemals oberflächlich sein – und die Entscheidung auszutreten auch nicht.

Maximilian Röll

Was ist entscheidend, um sich beharrlich an die Gemeinschaft zu binden?

P. Karl-Heinz Vogt

Das entscheidende Kriterium ist: Wie weit ist jemand fähig, eine Beziehung zu Jesus Christus aufzubauen? Die Ausbildung zielt darauf hin, diese Beziehung zu stärken. Sie ist die Grundlage einer guten Entscheidung. Dazu gehört etwa, wie das Gebetsleben gestaltet wird und wie viel Zeit sich jemand dafür nimmt.

Mir persönlich war es wichtig, in der ungeteilten Freundschaft mit Jesus zu leben. Das hat mich durch die schwierige Zeit meiner schulischen Laufbahn und durch das Studium getragen. Ich habe die Erfahrung gemacht: Das Ziel bestimmt den Weg. Das Ziel ist die Beziehung zu Jesus Christus. Die Gelübde helfen dabei, dieses Ziel zu leben – auch die Beharrlichkeit. Denn das bedeutet: in der Treue mein Leben mit Jesus Christus zu gestalten und dabei auch schwierige Zeiten durchzuhalten.

Da denke ich etwa an den seligen Joseph Gérard, der viele Jahre als Missionar in Afrika wirken musste, bevor er die ersten Menschen taufen konnte. Auch in meinem Leben gab es Phasen, in denen ich mir gedacht habe: Was hast du in den vergangenen Jahren eigentlich geschafft? Ich war zehn Jahre Novizenmeister. Leider haben nicht alle jungen Leute, die ich ausgebildet habe, durchgehalten, Ewige Gelübde abgelegt und sind heute als Oblatenmissionare tätig.

Auch wenn Zahlen am Ende nicht das Entscheidende sein mögen, ist so etwas schon eine Belastung. Die Frage ist: Halte ich Belastungen aus? Meine Antwort ist: nur, wenn ich ein wirkliches Ziel habe. Für einen Ordenschristen heißt das: wenn ich eine Beziehung zu Jesus Christus habe. Das darf nicht äußerlich sein. Das macht nicht glücklich. Das Gelübde der Beharrlichkeit erinnert uns daran, an unserem Ziel festzuhalten.